7000 m² für das neue Dienstleistungszentrum in Thüringen

Das Dienstleistungszentrum Blumenegg ist ein Kooperationsprojekt der Gemeinden Thüringen und Ludesch. Es soll beiden Gemeinden als Wertstoffsammelzentrum und als gemeinsam geführter Bauhof dienen. Die Idee an sich ist gut: überörtliche gemeinschaftliche Nutzung. Bei den Fußballplätzen hat es allerdings offensichtlich nicht funktioniert. Aber das war eine andere Geschichte…

Neues Dienstleistungszentrum der Gemeinden Thüringen und Blmenegg am potentiellen Auwald Standort (Foto: Naturschutzanwaltschaft)

Neues Dienstleistungszentrum der Gemeinden Thüringen und Blmenegg am potentiellen Auwald Standort (Foto: Naturschutzanwaltschaft)

Für die Errichtung des Dienstleistungszentrums wurden in Thüringen ca. 7000 m² Wald dauerhaft gerodet. Es handelte sich dabei um einen Mischwald aus Fichte, Bergahorn, Esche, Tanne, Grauerle, Rotföhre, Stieleiche und Salweide. Im Unterwuchs und in der Krautschicht wurden auch typische Auwald-Arten wie Roter Hartriegel, Kratzbeere, Gewöhnlicher Liguster, Gewöhnliche Hasel, Immergrün, Goldnessel und Gewöhnlicher Schneeball festgestellt.

Vom Amtssachverständigen für Naturschutz der BH Bludenz wurde der betreffende Waldbestand zwar als stark anthropogen verändert, aber als Waldbestand mit einer Vielzahl typischer Auwaldarten auf einem Auwald-Standort, mit einem entsprechend hohen ökologischen Potential (bei waldbaulicher Umwandlung) angesprochen.
In der Urmappe von 1857 ist die ursprüngliche Ausdehnung der Lutz Auen ersichtlich. Damals befanden sich dort Schotterflächen und Weichholzauen wo heute z.B. der Hangar der Firma Wucher steht. Einziger natürlicher Rest dieser ehemaligen Überflutungsbereiche ist in diesem Abschnitt noch der Waldbestand bei der Einmündung des Schlosstobelbaches in die Lutz, im Vorarlberger Biotopinventar ausgewiesen als „Restbestand der Lutzaue“. Hier wachsen Lavendelweiden und Grauerlen.

Rodung für das neue Dienstleistungszentrum in Thüringen. Nach der Urmappe 1857 (Vorarlberg Atlas) zeigt der helle Bereich den natürlichen Verlauf der Lutz und der braune Bereich den Auwald- und Überflutungsraum. Im Hintergrund scheint das Luftbild aus 2009 durch (siehe z.B. Hangar Fa. Wucher).

Rodung für das neue Dienstleistungszentrum in Thüringen. Nach der Urmappe 1857 (Vorarlberg Atlas) zeigt der helle Bereich den natürlichen Verlauf der Lutz und der braune Bereich den Auwald- und Überflutungsraum. Im Hintergrund scheint das Luftbild aus 2009 durch (siehe z.B. Hangar Fa. Wucher).

Die Bereiche, wo heute die Hackschnitzellagerhalle und das neu errichtete Dienstleistungszentrum stehen, waren ursprünglich Hartholzauen. Nach der Waldkarte Vorarlberg wäre hier aufgrund der Standortsverhältnisse als potentiell natürliche Waldgesellschaft ein Eichen-Ulmen-Eschen-Auwald anzunehmen.
Neben der negativen Beurteilung der Rodung durch den Amtssachverständigen für Naturschutz sowie durch die Naturschutzanwaltschaft aufgrund der hohen ökologischen Bedeutung des Waldbestandes und seines Standortes, wurde auch vom forsttechnischen Amtssachverständigen der BH Bludenz ein negatives Gutachten erstattet. Aus forstlicher Sicht bestand ein hohes öffentliches Interesse daran, diese Waldfläche zu erhalten, da der Wald auch eine Wohlfahrtsfunktion (Bedeutung des Waldes bei der Reinigung der Luft und des Wassers, dessen Speicherung und Infiltrationsmöglichkeit über einem Grundwasserkörper sowie als Klimaausgleich zur Dämpfung der Temperaturextreme des Windeinflusses auf die vorgelagerten Siedlungsgebiete) sowie eine Erholungsfunktion erfüllt hat. Ebenso hervorgehoben wurde die Bedeutung als Naturruhezone im stark genutzten Talboden sowie als Trittsteinbiotop und Waldkorridor für Tiere.
Trotz der erstatteten negativen Gutachten und Stellungnahmen wurde die Rodung von der Bezirkshauptmannschaft Bludenz im März 2012 bewilligt. Nach dem Gesetz über Naturschutz und Landschaftsentwicklung ist eine Erteilung der Bewilligung in diesem Fall nur dann möglich, wenn die Vorteile für das Gemeinwohl die Nachteile für den Naturschutz überwiegen. Die Behörde begründete die Realisierung des gemeindeübergreifenden Projektes als überwiegendes öffentliches Interesse. Im Bescheid wurden zur Minimierung der negativen Auswirkungen, die durch die Rodung entstehen, Ausgleichsmaßnahmen vorgeschrieben. Dazu hat auf Flächen im Bereich des Lutzwaldes, wo derzeit standortswidrige Fichtenmonokulturen stocken, eine waldbauliche Überführung in standortsangepasste Waldgesellschaften (Auwald-Gesellschaft) zu erfolgen.

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Ein Gedanke zu „7000 m² für das neue Dienstleistungszentrum in Thüringen

  1. Ich habe meine Kindheit in den Lutzauen sehr genossen. Heute existiert von diesen wunderschönen Auwäldern, in denen wir damals wertvollste Naturerfahrungen gemacht haben, leider nichts mehr. Dort befinden sich heute Gewerbe-, Industrie- u. Sportanlagen. Wie es scheint, geht dieses Auwaldsterben immer noch weiter. Ich bedaure das zutiefst! Wie lange werden wir noch so zerstörerisch weitermachen?! Wird es künftig überhaupt noch Naturraum geben, um dessen Erhaltung sich Einsatz noch lohnt? Bleibt uns irgendwann nur noch die Möglichkeit, einen letzten Baumstamm zu Grabe zu tragen? Mir blutet das Herz! Müssen wir vielleicht damit beginnen, für jeden Auwaldverlust eine Todesanzeige in den öffentlichen Vorarlberger Medien zu schalten? Vielleicht könnte das ja der Bewusstseinsbildung dienen.

    In tiefster Trauer
    Gebhard Burger, Schruns

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