Auenland Vorarlberg

Teil 3 einer Artikelserie von Dipl. Natw. ETH Rochus Schertler,
zuerst veröffentlicht im ÖNB Infoblatt 4/2008 – zurück zu Teil 2

Silberweiden-Au im Rheindelta
(Foto: Rochus Schertler)

„Auenland“ erscheint für eine so gebirgige Gegend wie das Ländle wohl etwas übertrieben – und doch: wo Berge sind, gibt es auch Täler und in diesen finden sich Flüsse und Bäche, die von Natur aus von ganz besonderen Lebensräumen begleitet werden.
Die Vorarlberger Auwälder sind heute ziemlich kümmerliche Reste von dem, was ursprünglich vorhanden war. Heute weiß kaum jemand, dass die meisten flachen Böden der Tallagen von Rheintal, Walgau, Bregenzerwald und Montafon eigentlich Aueböden sind, die über die Jahrtausende hinweg durch massive „Ein-Flüsse“ von Ill, Alpenrhein und
Bregenzerach unterhalb von flächendeckend vorhandenen Auwäldern entstanden sind.

Dem vielfältigen Landschaftsbild des Ländle entsprechend gibt es auch heute noch verschiedene Erscheinungsformen von Auwäldern.
Der häufigste Auwald-Typ in Vorarlberg ist die Grau-Erlen-Aue. Diese Pflanzenart kommt zwar flächendeckend im ganzen Land bis auf etwa 1300 m Höhe vor, ihre Bestände haben jedoch in der Vergangenheit arg gelitten – wirtschaftlich unbedeutend, höchstens als Brennholz gelitten interessiert die Grau-Erle außer Naturschützern keinen Menschen.
Dabei erscheint dieser Baum als ein echter Charakter: Die Grau-Erle ist in der Lage, selbst vegetationsfreie Schotter zu besiedeln, wenn der Boden nur einigermaßen feucht ist. Stickstoffmangel – viele andere Pflanzen scheitern daran – ist für die Grau-Erle auf mageren Standorten kein Problem. In ihren Wurzeln beherbergt sie Strahlenpilze, die in
der Lage sind aus Luft Stickstoff zu fixieren und für Pflanzen als Nitrat verfügbar zu machen. Als typisches Weichholz beherbergen Grau-Erlen Hunderte von verschiedenen Kleintier- und Pilzarten die alle dem Untergang geweiht wären, würden Grau-Erlen
unserer Landschaft fehlen. Exemplare dieser Art werden selten älter als vierzig Jahre und bereiten über ihre Zerfallsstadien den Boden für Nachfolger aus den Gesellschaften der Harten Au, die weiter landwärts mit Bäumen wie dem Bergahorn, der Gewöhnlichen Esche, Vogelkirsche und Stiel-Eiche unsere typischen Erholungswälder entlang der
Flachlandflüsse prägen.
Daneben sind auch Silber-Weiden-Auen aus naturschutzfachlicher Sicht sehr interessant. Würde man bei einem Fernsehquiz die Frage stellen, ob Weiden oder Eichen mehr auf sie direkt angewiesene Tierarten beherbergen, würden selbst fachkundige Personen wohl auf die Eichen tippen. Dem ist allerdings nicht so: in Mitteleuropa sind rund 3200 Tierarten
bekannt, die direkt von Weiden abhängen – bei den Eichen sollen es „nur“ rund 2900 sein. Wer Tierschutz betreiben will, sollte nicht Hunde streicheln und Katzenkastrierung finanzieren, sondern sich deshalb besonders um den Erhalt dieser heute
selten gewordenen Wälder kümmern: Silber- Weiden-Auen sind typische Auwälder unserer tiefsten Tallagen und werden charakterisiert von mitunter mächtigen Bäumen: wegen ihres schnellen Wachstums können 100 jährige Silberweiden eine Dicke von 1.5 m aufweisen! Besonders in Gegenden mit häufig hohem Grundwasserstand gedeiht diese
Art prächtig, weshalb besonders die „Unterländer“ in der Umgebung des Bodensees diesen schönen Baum kennen.
NOCH kennen! Raumplanerische Entscheidungen, die zum ständigen Schwund von Auwäldern führen, sind nicht einfach „Fehlspekulationen“. Sie bedeuten echten, schmerzhaften Verlust von ökologisch hochwertigem Naherholungsraum für uns alle. Die
heute noch vorhandenen Auwälder Vorarlbergs sind aus naturschutzfachlicher Sicht  Tafelsilber“, das nicht als Baulandreserve für privilegierte Unternehmungen her halten sollte. Vielmehr sollten wir diese Räume – ökologisch bestmöglich aufgewertet – als Natur-Erbe kommenden Generationen weiter geben.

Ein Gedanke zu „Auenland Vorarlberg

  1. Leider wurden und werden die Auwälder sowie Ufergehölze in Vorarlberg gnadenlos abrasiert. Beispiel der Tschalenga Auwald in Nüziders. Die ForstWIRTSCHAFT schiebt dazu als Grund den Pilzebfall vor. Die Ufergehölze werden jährlich abgehäckselt für den Hochwasserschutz… die Logik muss niemand verstehen. Wieviele Tierarten damit auch verschwinden muss man ebenfalls nicht fragen. Stattdessen werden dann Millionen von Steuergeldern verschwendet um den Rein zu renaturieren (Resi). Außer Kopfschütteln bleibt nichts übrig als für ein Jahrhunderthochwasser zu beten welches uns allen die Hosen auszieht und die Verantwortlichen in den Bodensee und anshcließend über die Rheinfälle als Fischfutter ins Meer spült.

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